Nun sind schon etwa fünf Monate vergangen und wir sind immer noch unterwegs – mit unseren zwei Rucksäcken auf den Rücken und unserer kleinen Tochter Lola an der Hand. Bevor wir aufgebrochen sind, habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, wie uns diese Zeit prägen würde und vor allem, ob und wie die Kleine die vielen Veränderungen, das unstete Leben, die Hitze und das fremde Essen wegstecken kann.
Nun sitze ich hier, Sand und Salz im Haar und betrachte meine kleine Familie beim Toben im Wasser. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich je so glücklich war. Ich glaube, so unendlich zufrieden war ich noch nie.
Frei und glücklich
Sicherlich schadet es nicht, an Traumständen zu baden, beeindruckende Tempelanlagen zu besichtigen und exotisch zu essen, aber ich glaube, dieses tiefe innere Glück kommt nicht aus einem Urlaubsgefühl heraus.
Die letzten Monate waren so dicht, so eindrucksvoll und spannend, dass ich sicher bin, dass wir noch jahrelang unsere Eindrücke verarbeiten und vielleicht Jahrzehnte davon zehren werden. Jeder Ort, an dem wir waren, ist zu einem Teil von uns geworden, hat uns bereichert und um ein klitzekleines bisschen weiser werden lassen. Doch auch die ganzen Eindrücke sind sicher nicht das, was mich hier sitzen und schmunzeln lässt. Es ist das Gefühl unbedingter Freiheit. Freiheit, unsere vielfältige Welt von ihren schönsten Seiten bewundern zu dürfen. Die Freiheit, unendlich viel Zeit mit meiner Familie verbringen zu dürfen und die Freiheit, mir darüber klar werden zu dürfen, was ich zum Glücklich sein brauche und danach zu handeln.
Ein klitzekleines bisschen weiser
Und Lola? Ich sehe dort im Wasser ein tiefzufriedenes, offenes und glückliches Kind, das jeden neuen Ort, den wir besuchen, mit Freude erkundet, schneller neue Freunde findet, als wir unsere Tasche auspacken können und überhaupt einfach ein Sonnenschein ist. Diese Zufriedenheit hatte sie schon immer in sich, aber seit wir vor ein paar Monaten aufgebrochen sind, hat sich dieser Charakterzug noch deutlich verstärkt. Sie spürt vermutlich das Lebensglück ihrer Eltern und den Luxus einer absolut behüteten und doch abenteuerlichen Kindheit.
Ich sage nicht, dass das Reisen mit Kind per se gut für alle Kinder und Familien ist, aber in unserem Fall hätten wir es besser nicht machen können. Lola gedeiht inmitten von all den Dingen, die mir vor Kurzem noch ganz exotisch erschienen sind. Übernimmt fremdartige Gebräuche, verneigt sich gewissenhaft vor jedem Buddha, brabbelt Indonesisch, Thai, Chinesisch und spricht auch schon mal ein paar Bröckchen Englisch. Sie geht ganz selbstverständlich auf Menschen jeder Nationalität und Hautfarbe zu. Sie lernt, dass es Menschen mit Kopftuch gibt und welche mit bunten Gestecken im Haar. Dass es Orte gibt, an denen ganz anders gelebt wird, als sie es bisher kannte – und dass auch das völlig in Ordnung ist. Sie lernt hier so viele Arten und Weisen, in denen es sich zu leben lohnt – sie wird später auswählen können, woher sie ihre Bezüge nimmt, wie sie leben will. Und das ist eines der Dinge, die ich mir am meisten für sie wünsche: dass sie frei entscheiden kann, wie sie leben will und dass sie sich zutraut eine Entscheidung zu treffen, die ihr guttut. Ich hoffe, dass all die Impulse, der wir sie hier aussetzen, ihr diese Entscheidungen erleichtern und auch sie ein klitzekleines bisschen weiser machen.
Bedingungslos das eigene Glück suchen
Für Lola sind Flexibilität und Anpassungsfähigkeit Grundfesten ihres Lebens. Sie wird, so hoffe ich, nie Probleme mit Veränderung haben, weil sie auf unserer Reise lernt, ihr Zuhause, ihre Stabilität in sich und uns zu haben. Denn das ist etwas, was ich unterwegs gelernt habe: die Strände können noch so schön sein und die Reisfelder noch so grün – wenn ich mit mir nicht im Reinen bin, erscheint all das schal und bedeutungslos. Auf den Gili-Trauminseln bei Bali habe ich viele unzufriedene Urlauber in paradiesischen Strandbars sitzen sehen, die grimmig aufs Meer starren, als wollten sie ein Unwetter hinaufbeschwören. Die schönen Orte allein machen uns nicht glücklich, aber das Einlassen auf etwas Neues, Wissbegierde und die bedingungslose Suche nach dem eigenen Glück. All das lässt uns diese Orte in ihrer Vollkommenheit genießen.
Einfach mutig sein
Ich glaube, jeder, der eine Reise macht, ist gewissermaßen auf der Suche, und ich glaube auch, dass das etwas sehr Gutes sein kann. Versteifen wir in unseren Routinen und lassen unhinterfragt Unzufriedenheit oder lähmende Gleichgültigkeit unser Leben bestimmen, leben wir eigentlich gar nicht richtig.
Wir hatten große Angst, in diese Art von Leben zu rutschen und sind deshalb stattdessen einfach aufgebrochen. Ob wir unterwegs das große Los finden? Das ist eigentlich keine Frage. Wir haben uns gefunden, jeder für sich und als Familie. Diese Sicherheit können wir unserer Tochter geben und die Kraft, die wir auf unserer Reise entdeckt haben, wird auch sie lange tragen und stützen.
Es gibt sehr viele Wege, seinem Kind eine glückliche Kindheit zu vermitteln. Ich bin sicher, dass es in Deutschland und der Welt tausende sauglückliche Familien gibt, die einen ganz normalen Alltag leben und diesen liebevoll miteinander teilen. Für uns war das nie der Weg. Wir wollten einen Ausbruch, zumindest einen kleinen, wir wollten die Welt entdecken, Wundervolles sehen, uns selbst besser kennen lernen und – wenn auch nur für eine begrenzte Zeit – miteinander frei sein. Das ist uns gelungen, und nun sitze ich hier grinsend im Sand und bin unendlich froh, dass wir den Mut hatten, einfach unser Glück anderswo zu suchen und dass wir es schließlich – verrücktnocheins – durch uns selbst in uns gefunden haben.
6 Antworten auf „Weltreisetochter im Gepäck – Wie das Reisen unsere Familie verändert hat“
Hallo ihr Drei, eine super spannende Reise und inspirierende Berichte von euch – ich freu mich künftig mehr von euch zu lesen! Schöne Grüße aus Hamburg, Mirca
Hallo Mirca,
das freut uns sehr! Wir schreiben schon fleißig an neuen Artikeln.
Liebe Grüße aus Pai,
Olaf
Was soll ich sagen….toll, dass ihr das durchzieht. Vor allem als Familie. Viele denken ja, mit KInd geht gar nichts mehr, aber ihr beweist das Gegenteil. Weniger ist mehr, Erfahrungen viel wichtiger als Besitz. Irgendwie verstehen das immer weniger, so habe ich den Eindruck. Ich werde hier öfter mal vorbei schauen. Grüße aus Berlin
Hallo Masan,
das würde uns freuen! Eigentlich ist das Reisen mit Kind überhaupt nicht schwer – viel einfacher, als wir uns das vorgestellt hatten. Wenn man erst einmal unterwegs ist, ist die größte Hürde schon genommen. Unsere Tochter hat sich unglaublich schnell daran gewöhnt, zu reisen und die Welt zu entdecken – und Spaß daran. Auf unserer Reise haben wir auch zahlreiche Menschen getroffen, die Deine Aussagen exakt so unterschreiben würden, was ein gutes Gefühl ist.
Liebe Grüße aus Pai,
Olaf
Ich freue mich sehr für Euch, dass Ihr diese Erfahrung machen könnt. Neben mir schläft mein fünfjähriger Sohn und in mir reift der Wunsch, in seinem letzten Kindergartenjahr auch ein paar Monate abzuhauen und ihm sie Welt hinter dem Tellerrand zu zeigen. Danke für Eure Inspiration!
Lieber Michl, danke für Deine lieben Worte. Schön, dass wir andere Eltern mit ähnlichen Träumen erreichen können! Trau Dich einfach, es lohnt sich so unglaublich! Für Rat und Tat stehen wir gerne zur Seite.