Als wir unsere Weltreise planten, gab es auch viele Momente, die uns haben zweifeln lassen, oder die uns Angst gemacht haben. Meine größte Sorge war, dass Lola unterwegs schwer krank werden könnte und wir in einem fremden Land Schwierigkeiten haben würden, ihr zu helfen. So eine gruselige Situation ist tatsächlich eingetreten. Wir haben eine der schrecklichsten Nächte unseres Lebens in einer WG in Taipeh verbracht.
Im Nachhinein betrachtet haben wir in Taiwan genauso reagiert, wie wir es in Deutschland getan hätten. Aber in der Fremde fühlt sich eine bedrohliche Situation noch mal so bedrohlich an. Wir haben uns in dieser schrecklichen Nacht sehr allein und hilflos gefühlt. Normalerweise rufe ich meine Mama an, wenn wirklich Not am Mann ist, weil sie in solchen Situationen immer einen kühlen Kopf bewahrt und uns hilft, das innere Chaos zu sortieren. Aus Taiwan hätten wir höchstens skypen können, das war in der Situation, mitten in der Nacht nicht möglich.
Aber auf Anfang. Was ist passiert?
Als wir in Taiwan ankamen, war es vor allem eins: mörderisch heiß. Wir haben tagelang das Sonnenlicht nicht gesehen, weil wir uns bei 38 Grad mit Kleinkind nur früh morgens uns abends auf die Straßen trauen konnten. Wir haben unsere Tage in Indoorspielplätzen und Malls und der kilometerlangen unterirdischen Einkaufsstraße Taipehs verbracht.
Nach einer Woche war es endlich soweit: die Temperaturen fielen und wir konnten einen Tagesausflug planen. Natürlich sollte es zum Strand gehen, die frische Brise würde uns gut tun. Wir packten also Sonnencreme, UV-Hut und UV-Shirt fürs Kind und eine Riesenportion schmackhafter veganer Bao ein und fuhren zum Strand.
Die meiste Zeit saßen wir vorsichtig in einem schattigen Pavillon, aber als sich gegen Abend ein paar Wolken vor die Sonne schoben, konnten wir endlich buddeln und planschen.
Lola war noch nie ein großer Fan von Mützen und das war auch an diesem Tag nicht anders. Normalerweise waren wir da sehr streng, weil selbst unsere sehr lässige Hebamme uns zum unbedingten Mützenzwang geraten hatte. Doch da es schattig war und die größte Mittagshitze längst vorbei und ja, auch weil wir nicht länger streiten wollten, haben wir irgendwann nachgegeben und die blöde Mütze zur Seite gelegt. Nur ganz kurz, haben wir uns gesagt.
Ich habe ein genüssliches Nickerchen am Strand gemacht und Olaf und Lola haben am Wasser gebuddelt. Irgendwann war die Mütze vergessen und die ganze Familie tiefenentspannt und ins Spiel vertieft.
Alles schien ok.
Nach dem Spielen gab es für die ganze Familie noch einen leckeren Obstsnack und ich konnte das müdegespielte Kind gerade noch in die Trage packen, bevor es einfach einschlief.
Normalerweise hat Lola sich an der Brust in den Schlaf genuckelt, aber an diesem Tag schien sie einfach so rechtschaffend müde, dass sie wohl keine Muttermilch mehr brauchte. Das dachte ich zumindest. Um ehrlich zu sein, war ich darüber ganz froh, weil das Stillen in Taiwan ein ziemlich schwieriges Thema ist.
Wir drei fuhren also mit Bus und U-Bahn nach Hause, ich legte das schlafende Kind ins Bett und wir freuten uns über den seltenen kinderfreien Abend.
Ich erinnere mich noch, wie ich nachts im Halbschlaf dachte, dass Lola sich schön warm anfühlt, aber ich muss über diesen Gedanken wieder eingeschlafen sein.
Beim nächsten nächtlichen Stillen war es aber anders. Das Kind war glühend heiß.
Kopf, Hände und Füße waren unvorstellbar hitzig, Lola war kaum ansprechbar. Eins war klar, das war kein normales Fieber. Mein kleines, zartes Kind sah plötzlich sehr zerbrechlich aus. Wer Lola kennt, weiß, dass es ungewöhnlich genug ist, wenn sie ganz ruhig und still einfach da liegt. Während ich voller Sorge weiter stillte, durchsuchte Olaf das Internet.
Diagnose: schlimmer Sonnenstich oder gar Hitzeschlag?
Ein Hitzeschlag ist saugefährlich, kann lebensbedrohlich sein und muss sofort und unverzüglich behandelt werden. Da gibt es kein wenn und aber. Die Symptome passten allerdings nicht so ganz. Ich denke, Lola war auf dem Weg zum Hitzeschlag, was schlimm genug war. Da sie ruhig atmete und vor allem pausenlos trank, entschieden wir, sie jetzt nicht abzudocken und ohne weitere Flüssigkeit durch die heiße Taipeher Nacht zu schleppen, sondern eine halbe Stunde lang abzuwarten.
Das wichtigste bei einem Hitzeschlag ist das Abkühlen des Körpers. Das Kind sollte nicht zugedeckt sein, sondern unter allen Umständen gekühlt werden. Außerdem muss unbedingt Flüssigkeit zugeführt werden.
Die Klimaanlage wurde also auf 15 Grad gestellt, Lola mit nassen Handtüchern abgedeckt und wir haben ihren Nacken mit einem Eispack gekühlt (das war etwas zu viel des Guten, wie man richtig behandelt, habe ich unten zusammengefasst).
Und tatsächlich, die Symptome wurden schnell besser. Diese Nacht haben wir abwechselnd Wache gehalten und immer wieder Stirn, Hände und Füße kontrolliert – die Temperatur stieg nicht wieder an.
Am nächsten Morgen erwachte unser fröhliches Kind, als wäre nie etwas gewesen und wir waren so unendlich erleichtert, das könnt ihr euch nicht vorstellen.
Alles war gut. Haben wir nun alles richtig gemacht?
Normalerweise bin ich ein großer Freund von Lässigkeit und Ruhe bewahren, aber ich glaube, dass wir in diesem Fall ins Krankenhaus hätten fahren sollen.
Ja, es ist alles gut ausgegangen. Aber ich glaube, dass wir da auch eine Riesenportion Glück hatten. Als alles überstanden war, habe ich noch einmal alle Informationen zum Hitzeschlag bei Kleinkindern zusammengesucht, die ich finden konnte, und war völlig geschockt. Uns war in diesem Moment nicht klar, wie gefährlich die Situation wirklich war. Wir haben uns auf unsere Intuition verlassen und darauf vertraut, dass Stillen und Ruhe bewahren ausreicht. Ich spiele diese Nacht oft in Gedanken durch und frage mich, was passiert wäre, wenn Lola Temperatur nicht schnell genug gesunken wäre. Hätten wir es, mithilfe unserer Mitbewohner und mit meinen mittelmäßigen Chinesisch-Kenntnissen geschafft, unser Kind rechtzeitig behandeln zu lassen? Ich bin mir nicht sicher.
Damit euch so etwas nicht passiert, habe ich euch die wichtigsten Infos zum Thema Hitzschlag hier zusammengestellt:
Wie kann ich einen Hitzschlag vermeiden?
- immer ausreichend Trinken anbieten. Menge anpassen, wenn es heiß wird. Zur Not viel Obst, Suppe und Gemüse reichen
- die Mittagsstunden in der prallen Sonne sind mit Baby und Kleinkind tabu. Vor allem, wenn es wirklich heiß ist
- wenn möglich immer im Schatten aufhalten
- UV- Hut und UV- Schutz Shirt nutzen
- Zwischendurch für Abkühlung Sorgen (in kühle Räume gehen, baden, gekühlte Getränke reichen; bei Spaziergängen Arme, Beine und Nacken befeuchten; evtl. feuchtes Tuch um den Nacken legen)
Symptome
Das Kind kann die körpereigene Wärmeregulation nicht mehr aufrecht erhalten, das kann zu einem Hitzeschlag führen. Der Hitzeschlag ist quasi die extreme Version eines Sonnenstichs.
Die Syptome eines Sonnenstichs sind:
- Erbrechen
- Kopf- und Nackenschmerzen
- innere Unruhe
- Abgeschlagenheit
- heißer Kopf
Kommt es zusätzlich zu Kreislaufproblemen, spricht man von einer Hitzeerschöpfung.
Ein Hitzschlag außert sich folgendermaßen:
- sehr rote (Gesichts)-haut
- schneller Puls
- schnelle, flache Atmung
- Gleichgültigkeit
- Übelkeit
- Bewusstseinstrübung
- evtl. Bewusstlosigkeit
- Körpertemperatur über 41 Grad
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- Atemstörung
Was kann ich tun?
Beim Sonnenstich:
- Flüssigkeit zuführen
- Elektrolyte zuführen (sofern nicht gestillt wird)
- kühl und schattig lagern
Bei der Hitzerschöpfung:
- Flüssigkeit zuführen
- Elektrolyte zuführen (sofern nicht gestillt wird)
- kühl und schattig lagern (kühl heißt hier nicht eiskalt, sonst besteht die Gefahr einer Unterkühlung)
- Kopf hoch lagern
- Kind genau beobachten. Verschlechtern sich die Symptome, steigt die Temperatur oder tritt Bewusstlosgkeit ein –> sofort den Krankenwagen rufen!
Beim Hitzeschlag:
- ausziehen, kühlen, Flüssigkeit zuführen
- Krankenwagen rufen
- das Kind nicht aus den Augen lassen
- Kind beruhigen, jede weitere Anstrengung vermeiden
- Bei Bewusstlosigkeit in die stabile Seitenlage bzw. bei unter Zweijährigen auf den Bauch legen, damit die Atemwege bei einem eventuellen Erbrechen freibleiben
- Bei Atemstillstand Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen
Nach dem Hitzschlag?
Ist der Spuk vorbei, müssen trotzdem noch ein paar Kleinigkeiten beachtet werden. Jede Hitzeerkrankung bedeutet, dass die Hirnhaut angeschwollen ist. Die muss sich erst einmal regenerieren.
Für die nächsten 3 – 5 Tage nach einer Hitzeerkrankung ist, je nach Schwere, Sonneneinstrahlung und Hitze vollständig zu meiden. Wir haben uns eine Woche nach dem Vorfall nicht mehr ins Sonnenlicht gewagt. Wenn wir doch einmal ein paar Meter von Bahnstation zum Indoorspielplatz durch die Hitze gelaufen sind, sind Lolas Kopf, Hände und Füße schnell sehr warm geworden. Nach ein paar Tagen war der Spuk dann vorbei und wir konnten uns wieder vorsichtig, mit Mütze auf dem Kopf, in die Sonne wagen.
Mehr Informationen gibt es hier.
Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade #Schreckmoment vom Elterkramblog. Dort findet ihr noch viele andere Schreckmomente und wie die Eltern in diesen Grenzsituationen gehandelt haben. Ich habe kurz gezögert, ob ich bei dieser Blogparade mitmachen soll, weil ich wirklich kein Freund von Angstmacherei bin, aber die Artikel zeigen durchweg, wie Eltern souverän in unheimlichen Situationen gehandelt haben.
Ich finde, das macht Mut.
Man kann nicht jeder einzelnen Eventualität vorbeugen, alle Eltern machen Fehler. Wir können nicht Glas, Tüten, Äpfel und Sonne aus unserem Leben verbannen, um unsere Kinder sicher zu halten. Aber wir können uns im Vorfeld informieren, was im Zweifelsfalle zu tun ist, und dann im entsprechenden Moment einen kühlen Kopf bewahren. Ich glaube, nur so können unsere Kinder sicher Vertrauen in die Welt gewinnen und wir in sie.
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Eine Antwort auf „Hitzeschlag auf Reisen – wenn das Kind in der Ferne sehr krank wird“
Hallo Josi,
bei der Wärme muss man natürlich aufpassen, da die Kleinen allgemein sehr anfällig sind.