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Warum mein Kind ans Tablet darf und trotzdem glücklich ist

Wir sind digitale Nomaden. Das bedeutet, dass wir einen guten Teil unseres Lebens an und mit technischen Geräten verbringen. Unsere Lebenswirklichkeit hat sich in den letzten Monaten zu Teilen in die digitale Welt verlagert. Das bedeutet nicht nur, dass wir mit meiner Oma skypen und unsere Hotels über eine App auf dem Handy buchen, sondern wir bearbeiten täglich unseren Instragramaccount am Handy, schreiben Artikel für unseren Blog am Laptop oder vernetzten uns mit anderen Bloggern in Facebookgruppen via Tablet. Unser Kind sieht diese omnipräsente Nutzung all dieser leuchtenden und blinkenden Medien und will das, was sie bei allen Dingen tut, die sie bei uns sieht: es nachmachen.

Nun ist die Frage: Wie gehen wir damit um, dass wir einerseits einen guten Teil unseres Tages an diesen Geräten verbringen und es „Arbeit“ nennen, obwohl wir andererseits all das vor allem tun, um die Freiheit zu haben, unserer Tochter die Welt jenseits des Bildschirms schmackhaft zu machen?

Sicher, wir entdecken, klettern, toben, lesen und malen jeden Tag viele Stunden mit unserem Kind, aber ist das genug? Wird all das Gute, all die verschiedenen Kulturen und Gebräuche, all die Sprachen, die sie unterwegs lernt, durch ein paar Minuten „Die Sendung mit der Maus“ wieder zunichte gemacht?

Wir wissen es nicht, sind ganz ehrlich sehr am Hadern und haben nun aber für uns Folgendes überlegt:

Technik ist und wird weiter ein Teil unserer Welt sein

Wir leben und arbeiten in dieser Welt und können sie folglich auch Lola nicht vorenthalten. Früher, als ein Fernseher ein Fernseher war und nicht gleichzeitig Briefkasten, Schreibblock, Zeitung und Telefon, da war es einfacher, das Schauen von Filmen zu minimieren: „Der Fernseher bleibt aus.“ Das ist eine klare Maßgabe, daran können sich Eltern und Kind halten und eventuell entsprechend verhandeln, wenn es nötig wird. Aber „Ja, wir arbeiten jetzt eine Stunde, an zwei Geräten gleichzeitig. Und nein, Filme schauen wir darauf (jetzt) nicht.“ ist schon deutlich unklarer zu formulieren und schlechter zu verstehen.

Ein gutes Maß an Mediennutzung

Wir setzen auf ein bedürfnisorientiertes Miteinander und vertrauen unserem Kind in vielen Fällen, dass es seine Grenzen selbst kennt. Bei Dingen, die ein gewisses Suchtpotenzial haben, wie Zucker oder Medienkonsum, ist das allerdings schwierig. Einerseits wollen wir unsere Tochter so viel wie möglich selbstständig entscheiden lassen, um eben diese Fähigkeit zu schulen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken, andererseits hat auch diese Freiheit Grenzen.

In unserer Familie gibt es nicht viele Regeln, aber regelmäßiges Zähneputzen, nicht unbedacht auf die Straße rennen und begrenzter Zuckerkonsum sind einige davon. Ob und wie wir das Maß an Mediennutzung beschränken wollen, versuchen wir gerade im alltäglichen Umgang herauszufinden. Klar ist für uns auf jeden Fall, dass wir Technik nicht komplett verbieten können und wollen. Für uns ist der Weg: Maß halten. Das ist ein schwieriger Pfad, den sicher jede Familie für sich selbst suchen muss. Ein klares „Ja!“ oder „Nein!“ wäre leicht und schnell gesagt, ein Mittelweg muss erst gefunden werden.

Das Kind im Dschungel der Medien begleiten

Wir wollen darauf vertrauen, dass aus Filmen und ja, auch aus einigen Spielen wichtige Lernerfahrungen gezogen werden können, wenn sie maßvoll genutzt und von uns Eltern begleitet werden. Wenn mein Kind einen Film schaut, dann schaue ich mindestens mit halbem Blick mit und bespreche später mit ihr, was sie gesehen hat. Oft versuche ich Bezüge zu unserer Umwelt herzustellen. (Zum Glück gibt es in Asien Elefanten, da lernt das Kind gleich, dass zum Beispiel Farben- und Größenverhältnisse in Filmen nicht unbedingt realistische Abbildungen sein müssen.)

Die einzige Frage, die uns umtreibt: Ist Medienkonsum, egal in welchem Maße, für kleine Kinder schädlich? Unabhängig von der Frage, ob meine Tochter nun etwas, viel oder gar nichts von einem Clip mit Maus und Elefant lernt (zur Not sprechen wir von ein paar Minuten vertaner Zeit), sorge ich mich darum, dass ihre zarten Synapsen den Überforderungen der kunterbunten Flimmerwelt nicht gewachsen sind. Was, wenn sie falsche Prämissen über die Welt lernt? Damit meine ich nicht die Farbe und Größe von Zeichentrickelefanten. Es ist eher die Verbindung von Richtung und Ton (aus dem Tablet kommt jeder Klang aus derselben Richtung), der unklare Zusammenhang von Auftauchen und Verschwinden in Serien ohne Seriengedächtnis, also eine inkohärente Erzählweise wie das plötzliche Auftauchen von eigentlich weit verreisten Figuren und Ähnliches.

Unterm Strich kann ich all diese Dinge nicht ausschließen, weil ich weder Neuro- noch Medienwissenschaftler bin. Aber ich bin als Mutter Experte für mein Kind und möchte darauf vertrauen, dass es bereit ist, in dieser Welt zurechtzukommen. Diese Welt besteht nun mal auch aus Technik und diese wird ein Teil von Lolas Leben sein. Ich kann nun entscheiden, wann sie das wird und ob und wie ich sie dort heranführen möchte.

Medien als Pool von Möglichkeiten

Ich wünsche mir, dass Lola Medien wie Filme, Facebook, das Internet als einen Pool von Möglichkeiten kennen lernt. Möglichkeiten, neues Wissen zu erlangen, den eigenen Horizont zu erweitern, Kontakt zu halten und Spaß zu haben. Die Gefahren, die jenseits von kindlicher Überforderung in diesem Kosmos liegen, möchte ich ihr Stück für Stück näher bringen. Doch zunächst soll sie so wunderbar unbedarft an die schillernde Welt des Internets herantreten, wie sie hier auf unserer Reise jedes neue Kapitel bestaunt. Diese Unbedarftheit möchte ich nicht durch strenge Regeln oder ein Bestrafungs-Belohnungssystem erschüttern. Stattdessen bekommt unser Kind wie zu allem anderen auch Zugang zu unseren technischen Ressourcen.

Alternativen bieten

Scheint uns ihr Medienkonsum überhand zu nehmen, ist es an uns Eltern, das Maß zu halten, indem wir Alternativen bieten. Wenn das Kind nicht den halben Morgen am Tablet spielen soll, müssen wie Eltern uns eben wohl oder übel aus dem Bett quälen und Bilder malen, mit Fingerpuppen ein Theaterstück aufführen oder mit Lola einen Morgenspaziergang machen. Es ist an uns, unserer Tochter die Vielfältigkeit des Lebens aufzuzeigen. Jeder Impuls wird (noch) dankbar angenommen und so schaffen wir es, uns gemeinsam ein buntes Leben zu gestalten, in dem das schillernde Gerät nur einen von vielen Plätzen einnimmt, weil jenseits davon noch so viele andere Abenteuer warten.

Das kostet zwar manchmal viel Kraft und Energie; morgens würden wir so oft viel lieber im Bett liegen bleiben und die Mausclips in Endlosschleife laufen lassen, aber wir glauben, dass sich das tausendfach auszahlen wird. Wir hoffen, dass unser fröhliches Kleinkind zu einem mutigen, selbstbewussten Menschen heranwächst, der die vielen ganz unterschiedlichen Wunder, die unser Planet zu bieten hat, schätzt und achtsam für sich nutzen kann – seien sie nun analog oder digital.


Mit diesem Beitrag bewerben  wir uns für den Scoyo! Eltern Blog Award.

 

Einen sehr schöne Ergänzung zu unserem Artikel ist der Blogpost der Ökofamilie zum Thema „Digitaler Minimalismus“.

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Von Josi

Als Entdeckerin, Lebenskünstlerin, Unerzogen-Mama und Glücksforscherin erkunde ich mit meiner kleinen Familie die Welt. Alles, was ich unterwegs lerne, was mich bewegt und verwundert, teile ich mit euch auf unserem Blog.

14 Antworten auf „Warum mein Kind ans Tablet darf und trotzdem glücklich ist“

Hallo,
Wir sind auch gerade in dieser Situation. Mit Fernsehen bin ich mittlerweile schon recht locker geworden. Sie dürfen tagsüber ran wenn sie wollen, aber ich gebe die Zeit vor und bestimme auch zum Teil was sie sich ansehen.

Heute habe ich meinem großen Sohn meinen alten Nintendo Pocket überreicht. Er möchte schon seit längerem einen Nintendo DS, jetzt hat er mal meinen alten Nintendo bekommen.
Wie ich es handhaben werde mit usw. Weiß noch nicht. Ausgemacht haben wir täglich eine halbe Stunde aber ob es so bleiben wird?

Auf Dauer Fern halten kann man die Kinder von Fernsehen und Co. Auf jeden Fall nicht. Ein gewisses Maß an verschiedenen Medien finde ich völlig ok. Mittlerweile…

Liebe Grüße

Ich kann mich euren Ansichten nur anschließen. Ich versuche meinen Kindern ebenfalls Medienkompetenzen anzueignen, die Mediennutzung dennoch in Maßen zu halten. Bis jetzt klappt das ganz gut und solange man im Blick behält, was die Kleinen genau an Tablet & Co. ansehen/ machen sehe ich damit kein Problem 🙂
Liebe Grüße,
Monika
http://www.little-post.com

Da steht ihr tatsächlich vor einer großen Herausforderung und ich wünsche euch viel Glück dabei, euren Weg zu gehen. Ich denke auf Reisen werden der Kleinen zweifelsohne täglich / wöchentlich neue Eindrücke mitgegeben und viele alternative, interessante Dinge aufgezeigt – ganz anders, als das zu Hause im Hamsterrad erscheinen mag, wo jeden Abend das gleiche Wohnzimmer / Kinderzimmer auf einen wartet. Es ist doch viel spannender in der Welt zu sein und die zu entdecken. Es ist gut, ihr die Technik nicht zu verbieten und diese damit interessanter zu machen. Irgendwann wird sie verstehen, dass ihr den Laptop zum Arbeiten.

Alles gute und toller Blog 🙂

Zumindest Lola scheint es genauso zu gehen: Am Anfang hat sie gut drei Tage gebraucht, um ein neues Zimmer zu erkunden, und jetzt dauerts zehn Minuten und die Sache ist erledigt. 😀
Sie versteht auch genau, dass der Laptop zum Arbeiten ist – aber das hält sie nicht von lustigen Tastenkombis zur Unzeit ab. 😉

Alles Liebe und vielen Dank!

Das hast du schön gesagt in deinem Artikel. Ich bin auch dafür, unsere Kinder im Mediendschungel zu begleiten, anstatt sie davon fernzuhalten. Ich glaube, dass ein Fernhalten auch nicht optimal ist und uns die Kinder das später ankreiden würden.
Ein gesunder Mittelweg ist immer der beste.

Schöner Beitrag. Die Diskussionen darum sind ja wirklich rießig. Ich denke den optimalen Weg muss jeder für sich selbst finden. Wie du sagst, in manchen Familien arbeiten Mama und Papa viel am PC, dann bekommt das Kind das zwangsläufig mit, in anderen hängen die Eltern ehr vor dem TV und wieder andere ernähren sich eben ungesund.
Wenn ihr da euren Weg habt, dann ist das top!
Wir versuchen das auch so ähnlich.

Hallo,
ein schöner Artikel. Wir versuchen, es ähnlich zu halten: Tablet & Co. sind erlaubt. In Maßen. Denn ich finde, die „digitale Welt“ gehört mittlerweile einfach dazu. Und wird für unsere Kinder sicher noch eine viel größere Rolle spielen. Von daher finde ich es richtig, wenn sie von Anfang an einen guten Umgang damit (und mit unserer Hilfe) lernen.
Liebe Grüße, Lisa

Hallo,
vielen Dank! Genauso ist es, ohne begleitenden und guten Umgang sind unsere Kinder digital eingeschränkt oder allein gelassen – und das kann nicht besser sein.

Liebe Grüße,
Josi & Olaf

Ach ja, das ist bei uns auch gerade ein großes Thema.
Die Kleine (1-jährige) hat gerade das telephonieren für sich entdeckt und das find ich natürlich gar nicht toll. Aber wie soll sie denn auch anders, wenn sie das immer bei uns Eltern sieht…
Und der Große (5) darf mittlerweile sogar schon ganze Filme sehen.

Mir ist es halt immer wichtig, dass sie sich auch anders beschäftigen können. Und dazu gehört nunmal eben auch, dass man aktiv eine Alternative bietet. Es ist ja nciht nur schrecklich mal bewusst Zeit mit seinen Kindern zu verbringen 😉

Ihr habt wirklich schöne Themen und Bilder hier auf eurem Blog! 🙂

Liebe Grüße,
Lisi

Hallo Lisi,
ja, das Telefonieren war bei uns in dem Alter auch groß in Mode. In Hotelzimmern müssen wir als erstes immer noch gleich den Stecker vom Festnetztelefon ziehen. 😉 Dafür wurde dann auch schon mal mit einem Holzklotz oder einem Schuh telefoniert… der Empfang scheint bei allen „Endgeräten“ gleich gut zu sein. 😀 Und Du hast recht – wenn wir die ganze Zeit daran arbeiten, wäre es ausschließend, die Kinder überhaupt nicht an Medien heranzuführen. Wir verbringen gerne bewusst Zeit miteinander und das scheint bislang auch gut zu funktionieren.
Vielen Dank für Dein Lob, das tut sehr gut! 🙂
Alles Liebe von uns dreien!

Huhu,
ich bin gerade durch die Kommentierrunde auf Facebook auf deinen Blog gestoßen. Witzigerweise habe ich über Appnutzung bei Kindern meine Masterarbeit geschrieben. Ich bin auf das Thema gekommen, weil meine Nichte mit sehr jungen Jahren auch sehr daran interessiert ist und es bislang wenig Forschung dazu gibt.
Ich bin auch der Meinung, dass man sich der Entwicklung icht mehr verschließen kann und Technik ein Teil unserer Lebenswelt ist und auch bleiben wird. Deshalb bin ich auch für einen maßvollen, unterstützenden Medienkonsum. So wie ihr das machen wollt, finde ich es genau richtig, kritisch, aber nicht völlig dagegen stellen. Bei der Mediennutzung unterstützen, die Kinder nicht alleine lassen, den Umgang damit gemeinsam erlernen 🙂
Liebe Grüße,
Julia

Hallo,
das klingt hochspannend! Ganz genauso ging es uns bei der Recherche auch; es gibt kaum seriöse, großangelegte Forschung zum Thema, obwohl alle schnell eine Meinung zur Hand haben. Deshalb ist Aufklärungs- und Pionierarbeit, die nicht verteufelt, so wichtig. Vielen Dank für die lieben Worte!
Liebe Grüße,
Josi, Olaf und Lola

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